"Frauen werden deshalb in allem so gut, weil man es ihnen so schwer macht"

Christine Wunnicke: "Wachs" (Verlag Berenberg ) | 20.5.2025
Marie Biheron hat sich schon mit 15 Jahren den Beruf der Anatomin in den Kopf gesetzt. Bevor sie ihre ersten Leichen sezieren und modellieren kann, muss sie allerhand Abweisung erfahren. Schließlich ist sie eine Frau im 18. Jahrhundert, die sich mit Sticken und Klöppeln zu beschäftigen hat.
Während die Guillotine in Paris die Köpfe rollen lässt und fortan genügend Material für Maries späteres "Anatomische Wachsfigurenkabinett" liefert, lässt sie sich von der berühmten Madeleine Basseportes zusätzlich und nicht nur, im Zeichnen unterweisen. Die Beiden heiraten mittels eines ergaunerten Segens und werden fortan die erfolgreichsten Frauen im Land, bewundert und gefürchtet gleichermaßen. Madeleine Basseportes anatomische Zeichnungen der Pflanzenwelt begeistern des Königs Mätressen und werden zum Vorbild der berühmtesten Gärten von Paris. Marie Biherons "Wachswerke" dienten der allgemeinen medizinischen Erkenntnis und gingen später (angeblich) in den Bestand von Madame Tussauds über...
So kurios wie verrückt, wird uns hier mit leichter Feder und in einer herrlich altertümlichen Sprache, eine Epoche nahegebracht, die vor Revolutionen, verheerenden Krankheiten,  schönen Frauen, verblendeten Männern und wilden Tieren nur so strotzt.
Was für ein Vergnügen! Was für ein kluger Schelmenstreich, den Frau Wunnicke uns da gespielt hat! Es muss nicht immer alls wahr sein, um zu stimmen. Großes Kino auf nur 185 Seiten!
Chapeau!
Lesen!
Unbedingt lesen!