Wer bin ich und wenn ja, wie viele?

Sasha Marianna Salzmann: "Ausser sich" (Verlag Suhrkamp) | 10.10.2017
Sasha Marianna Salzmann: "Ausser sich" (Verlag Suhrkamp)

Alissa und ihr Zwillingsbruder Anton leben als Kinder in ihrer ganz eigenen Welt. Gemeinsam gegen die Dauerstreitigkeiten der Eltern, einem saufenden Vater und einer kapitulierten Mutter. Als Kinder unfreiwillig von Russland nach Deutschland verfrachtet, entfernen sich die beiden von letzten festen Strukturen, Konfessionen und nicht zuletzt auch voneinander. Der Vater säuft weiter, die Mutter vertieft sich in den Austausch von Rezepten, die Kinder werden sich selbst überlassen.

Als Alissa ihren Bruder das erste Mal mit einem Mädchen, das nicht sie ist, zusammen sieht, die "Gesichter ineinander gesaugt", tut sich in ihr eine Kluft auf. Mit übereiandergeschichteten Männerklamotten, kurzen Haaren, fast täglich im Boxclub trainierend, schmeißt sie als junges Mädchen das Studium, treibt sich rum und erkundet ihre Umwelt auf ganz eigene Art und Weise.  Als Anton plötzlich spurlos verschwindet, später eine kurze Ansicht aus Istanbul über den Bosporus sendet, macht Alissa sich auf die Suche nach einem fehlenden Stück Idendität.  Unter dem politischen Dämon der Türkei, landet Alissa im untergehenden Gezi-Park, richtet sich ein, im Schatten der Unangepassten. Vom Bruder fehlt jede Spur...  

Auf der Suche nach den Seelen der Familie, die in Russland und später in Westdeutschland verloren gegangen sind, findet Alissa bruchstückhafte Erinnerungen, die ihr mehr Rätsel aufgeben, als Fragen beantworten.  Wer bin ich, wer will ich sein? Wo komme ich her - warum bin ich, wie ich bin?  Diese Fragen treiben uns alle um!  Wenn man aber aus einer Kultur kommt, die ganz klar dominierte Frauenrollen und patriarchale Männerbilder vorgibt, wundert es nicht, dass die neue Generation nur im Geschlechterwandel aus diesen starren Strukturen ausbrechen kann!  

Dieses Buch ist keine klassische Gender-Debatte - obwohl das nicht unwesentlich für die Geschichte von Alissa und Anton ist.  Dieses Buch ist ein neuer Versuch, den Menschen im Menschen zu sehen - nicht mehr und nicht weniger.  Dieses Buch ist der Hammer!  

Leute, lest dieses Buch!  
Unbedingt!