Die Entdeckung der Einsamkeit.

Delia Owens: "Der Gesang der Flusskrebse" (hanserblau) | 13.7.2019

Delia Owens: "Der Gesang der Flusskrebse" (hanserblau)Atemberaubendes Marschland in North Carolina. Die kleine Kya wird mit sechs Jahren von Ihrer Mutter verlassen. Es folgen die Geschwister, und als auch der saufende, prügelnde Vater das Weite sucht, ist das Mädchen auf sich allein gestellt. Fernab jeglicher Zivilisation gelingt es dem Kind, den Vertretern des Jugendamts immer wieder zu entwischen, bis sich keiner mehr für das "wilde, schmutzige Marschmädchen" interessiert. Zwei Tage Schule und fiese Übergriffe einiger Mitschüler machen Kya klar, dass sie in der normalen Welt nicht erwünscht ist. Ihre Freunde sind die Vögel, mit denen sie Maisbrötchen und Einsamkeit teilt und alle Tiere der Marsch, die ihr viele Überlebensstrategien beibringen.

Ein Junge aus der Nachbarschaft, Sohn eines Krabbenfischers, ist ihr wohlgesonnen und lehrt sie lesen und schreiben. Ein schwarzer Tankstellenbesitzer versorgt Kya in den ersten Jahren mit allem was sie braucht. Als aus dem Mädchen eine junge Frau geworden ist und zwei Männer in ihr Leben treten, versucht Kya auch jenseits der Marsch Fuß zu fassen.  Es gelingt ihr nicht. So entschließt sie sich endgültig für ein Leben zwischen Salzwiesen und Sandbänken. Als der beliebteste Quarterback der Küstenstadt tot aufgefunden wird, kann es natürlich nur die "Wilde aus dem Marsch" gewesen sein. Ein aufreibender Gerichtsprozess beginnt, der Kyas Leben dramatisch verändert.

Was für eine Ode an die Natur, die Entschleunigung und natürlich an die Liebe! Man riecht förmlich den Duft der Gräser und das Salz des Wassers, hört die Insekten zirpen, die Vögel singen, spürt den leisen Wind und verkriecht sich mit Kya vor donnernden Gewittern. Man fährt mit ihr in ihrem alten Kahn, stromert durch dichtes Baumgeflecht, sitzt mit klopfendem Herzen am Strand und spürt die süße Verheißung der ersten Liebe.

Ein echter Sommerschmöker. Leider sind die letzten paar Seiten dermaßen kitschig. Ich rate, nur bis Seite 445 zu lesen. Schade, dass man dieses schöne Buch am Ende so abstürzen lässt.

Aber trotzdem:
Lesen!
Unbedingt lesen!