Charlie Chaplin aus Norwegen.

Lars Saabye Christensen: "Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte" (btb-Verlag) | 23.9.2013

Irgendwas is' immer!
Ob im "Halbbruder", bei "Yesterday", den "Ticks des Herrn  Hval" oder im "Alleinunterhalter" - alle Protagonisten müssen sich mit Unzulänglichkeiten herumplagen.
"Man wächst nur an den Wunden", hatten alle behauptet, bevor der junge Funder sich selbst und seinen Weg ins Leben findet.
In einem magischen Feriensommer in Oslo, während alle auf die erste Mondlandung im Fernsehen warten, hockt Chris vor seiner Schreibmaschine. Und wartet auf den ersten Satz.
Ein Gedicht über den Mond, soll es werden.
Draußen jagd die Hitze die anderen Jugendlichen in die Seen, läßt ihre Körper golden werden und erste Zeichen des Erwachsenseins erkennen.
Und drinnen brütet Funder.
Gehandycapt durch seinen rechten Fuß, der einfach nicht grade durch die Welt gehen will und ihm den Spitznamen Chaplin eingebracht hat, entzieht sich der Junge dem Cliquendruck und freundet sich, eher unfreiwillig, mit dem zweiten Außenseiter der Insel an.
Dessen Familie hütet ein gruseliges Geheimnis, das genau in dem Moment gelüftet wird, als der erste Astronaut seinen Fuß auf den Mond setzt und alles für immer verändert...
Das Gedicht wird in späteren Jahren eine Geschichte, die erste Liebe versemmelt er sich gründlich selbst und die Wendung, die er als "Übermittler" in eine amerikanischen Kleinstadt bringt, fügt am Ende alles zusammen, was zusammengehört.
Der Fuß geht irgendwann gradewegs in die richtige Richtung, aus einem verqueren Jungen, der alles aber nicht sich selber finden wollte, wird einer, der ahnt, was die Welt zusammenhält.
So traurig, komisch, liebevoll und erstaunlich authentisch hat es schon lange keinen biografischen Roman mehr gegeben.
Viele seiner Bücher "lassen grüßen"! Man freut sich, wenn man sie kennt oder will auf der Stelle Versäumtes nachholen.
Was für ein wunderschönes Buch!
Unbedingt lesen!