Zwischen Nazis und Geheimagenten - Hippies Alptraum.

Chris Kraus: "Das kalte Blut" (Verlag Diogenes) | 29.3.2017

Chris Kraus: "Das kalte Blut" (Verlag Diogenes)"The Spy who loved me" war einer der besten James Bond Filme (meiner Meinung nach). Nazis, schöne russische Spioninnen, britische Agenten, amerikanische Doppelagenten, und deutsche Überläufer... alle Schurken dieser Welt gaben sich da die Türklinke in die Hand und noch so einiges mehr. Wer wissen will, wie es wirklich zuging, sollte die Geschichte der Rigaer Brüder, Koja und Hub Solm, lesen.

Beide machen Karriere in Nazideutschland und später in der aufstrebenden, noch jungen Bundesrepublik. Zwischen den beiden steht Eva, eigentlich ihre "Schwester", einst als Findelkind in die Familie  aufgenommen. Verheiratet mit Hubsi und verliebt und heimlich verbändelt mit Koja. Aber: Eva ist Jüdin, was der eine nicht weiß und auch nicht wissen will, und der andere nicht preisgibt.

Eine Menage à trois, die sich gewaschen hat und, um im Verborgenen zu bleiben, viele Leichen in ihrem Keller stapelt. Als "guter Nazi, böser Nazi", lassen die Brüder Knochen splittern, Köpfe rollen und Geschichte schreiben. Perfide ergänzen sich die zwei ungleichen Geschwister: was der eine nicht kann, gelingt dem anderen umso besser! Keine Daumenschrauben, die am Ende nicht ein Geständnis hervorpressen. Der böse Hubsi, der alles vernichtet was ihm, nicht arisch genug, in die Quere kommt und der gute Koja, der Flurschäden bereinigt, so gut es geht. Als Koja irgendwann selbst Hand anlegen muss und Eva sich als Ärztin in ein Konzentrationslager versetzen lässt, kommt der gute Nazi Koja dann doch in Gewissenskonflikte.

Beide überleben den Krieg. Und dann geht es erst richtig los! Nach russischer Gefangenschaft, erfindet Koja sich neu, wird zum Doppelagenten. Als er mit Eva nach Israel geht, holt seine Vergangenheit ihn wieder ein...Durch einen fatalen Umstand kommen die Brüder nochmal zusammen und auf den verminten Gebieten ihrer inneren Landkarten, geht eine Bombe nach der anderen hoch... In einem Krankenhaus erzählt der gute Kolja seinem Zimmergenossen, einem Hippie, der ans Bett gefesselt ist, seine Gräueltaten. Und führt am Ende den Hippie in Alpträume und jegliche Moral und das Gute im Menschen ad absurdum!

Die Geschichte der Brüder Solm ist die Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert und was danach kommt, ist nicht viel besser!

Krasses Buch!
Tolles Buch!

Das haut einen um und lässt einen nicht mehr aus den Fängen. Ziemlich heftig! Muss man ab können, was da alles so getrieben und verbrochen wird. Und viel zu lachen gibt es auch - man wundert sich!

Ein kluges, gewaltiges Buch, das lange nachwirkt!
Lesen!
Unbedingt lesen!