"Betty Blue" im einundzwanzigsten Jahrhundert!

Virginie Despentes: "Das Leben des Vervon Subutex" (Kiepenheuer &Witsch) | 18.8.2017

Vernon Subutex ist cool und sexy. Vernon Subutex kennt sich aus mit Musik, Drogen und Frauen. Vernon Subutex ist Gott, König des Vinyls und Besitzer eines Schallplattenladens. Und dann: Zack - Laden weg! Wohnung weg! Frauen weg!

Der einzige Freund, der ihn finanziell unterstützt, gibt frühzeitig den Löffel ab und somit Vernon seinen Haustürschlüssel. Mit Interview - Kassetten des Verstorbenen, einer Popikone der Schnulzenliebhaber, in der Tasche, versucht Subutex über die Runden zu kommen. Denkt sich Geschichten und Anlässe aus, um bei Freunden Unterschlupf zu finden. Die ehemaligen Kumpels sind selbst grad in der Bredouille oder gesellschaftlich etabliert und abhängig vom Establishment. Da kommt der Kontakt mit dem abgehalfterten Buddy nicht wirklich gut. Während Vernon alte Freunde aufsucht und meistens abgewiesen wird, werden deren Leben kurz rangezoomt und schnell wird klar: vieles ist nur Fassade, so richtig gut geht es kaum einem - Zufriedenheit war gestern.

Alle hetzen allem hinterher, da beißt sich die Katze selbst in den Schwanz - und kommt zu nix.
Die Frauen, die Vernon kurzzeitig aufnehmen, gehen ihm schnell "auf die Eier" (und das kann man wörtlich nehmen!). Dann lieber frei und unabhängig, mit Schlafplatz unter freiem Himmel. Je tiefer Subutex in die strange Welt derer, die über den Rand gefallen sind, eintaucht, um so mehr stellt er und zugleich auch der Leser, Sinn und Unsinn des täglichen Marathons im Hamsterrad in Frage!

"Voll krasses" Buch! Mit vielen F- und S-Worten, vielleicht nichts für Schöngeister. Eine harte Sprache, die uns aus der Komfortzone rausholt, manchmal richtig weh tut und dem Dämon "Leben" ins offene Visier schauen lässt. Weichgespülte Ponyhöfler sollten hier schön die Finger von lassen!

Alle anderen:
Lesen!
Unbedingt lesen!